Juli 20

#1 Ratingagenturen

Ratingagenturen!?

Denk-Anstoß #1 – im Ostfalen-Spiegel

Von Rainer Elsner

Wolfenbüttel, 14.07.2011. Ratingagenturen!? Was sind Ratingagenturen? Ist es aus gesamtgesellschaftlicher Sicht sinnvoll, wenn private, gewinnorientierte Unternehmen über die Kreditwürdigkeit von Staaten (!) entscheiden? Ich denke, eine freie und demokratische Gesellschaft darf dies nicht zulassen!

Staatliche Form und demokratische Legitimation

Staaten sind die Zusammenschlüsse aller jeweils darin lebenden Menschen. Zunächst können und dürfen nur diese Menschen zusammen über ihr Gemeinwesen bestimmen. In der heutigen Realität haben sich die meisten Staaten in Vereinigungen wie der Europäischen Union (EU) oder der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU) zusammengeschlossen. Solche und andere grenzüberschreitenden Zusammenhänge bedingen entsprechende Einflussmöglichkeiten. Aber auch diese dürfen nur in staatlicher Form und mit demokratischer Legitimation erfolgen!

Ratingagenturen haben im Zweifel rein wirtschaftliche Motive im Sinn

Im konkreten Fall sind diese Ratingagenturen gerade dabei, Griechenland wirtschaftlich zu „vernichten“. Während die europäischen Staaten neben wohl mehr wirtschaftszentrierten Motiven auch noch ein Interesse daran haben, ihrem Partnerland Griechenland zu helfen, haben Ratingagenturen im Zweifel rein wirtschaftliche Motive im Sinn – die sich nicht zwingend mit denen der gesamten Gesellschaft decken. Von dieser Kritik unberührt bleibt die offensichtliche Notwendigkeit, dass Griechenland wohl sein gesamtes Wirtschafts- und Finanzsystem prüfen und ordnen muss. Wenn dem Staat mehrere Milliarden Euro Steuern fehlen, haben wohl sowohl die staatlichen Institutionen wie auch die säumigen Steuerzahler den Sinn von Steuern nicht begriffen.

vielleicht steckt hinter dem ganzen Vorgang ja auch ein System

Aber vielleicht steckt hinter dem ganzen Vorgang ja auch ein Stück weit ein System. Denn, wer sich an eine Rede des damaligen FDP-Vorsitzenden Westerwelle vor eineinhalb Jahren erinnert, weiß, dass Steuern gerade von so manch Wohlhabenden (nicht allen!) als lästig angesehen werden. Diese Menschen scheinen alles als ihr – mindestens potentielles – Eigentum anzusehen. Entsprechend bestimmt ihr Vermögen über den Lauf der Dinge und nicht ein demokratisch verfasster und von Steuern finanzierter (!) Staat. Ein Staat, den sich diese Menschen dann ja auch mit Hilfe der zunehmenden Privatisierung von Gemeineigentum schleichend aneignen. – Und hierzu passen dann auch die Besitzverhältnisse und die Arbeitsweise der Ratingagenturen, wie sie ein sehr lesenwerter Artikel in den NachDenkSeiten beschreibt.

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Juli 20

Ostfalen-Spiegel: Neue Artikelserie „Anstoß“

Neue Artikelserie „Anstoß“ im Ostfalen-Spiegel

Denkanstöße zu aktuellen Themen

Wolfenbüttel, 14.07.2011. (re) Der Ostfalen-Spiegel führt eine neue Artikelserie mit eigener Kategorie ein. Die Artikelserie heißt „Denk-Anstoß“, die Kategorie trägt den Namen „Anstoß“. Denn in dieser Kategorie werden kurze Denkanstöße notiert, die in der Regel zu aktuell kontrovers diskutierten Themen passen. Die kurzen Artikel haben auch kommentierenden Charakter, stellen aber primär eine oder wenige bedenkenswerte Fragen in den Raum. Diese Fragen mögen dann zum Denken und vielleicht auch zum Diskutieren anregen. Der kommentierende Anteil ist somit zugleich ein erster Diskussionsbeitrag.

Mit dieser Kategorie will die Redaktion versuchen, trotz der begrenzten Zeit den Eigenanteil in den Veröffentlichungen etwas zu erhöhen.

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Juli 19

Herzlichen Glückwunsch Japan!

Herzlichen Glückwunsch Japan! – 日本おめでとう

Danke und alles Gute!

Frankfurt am Main / Wolfenbüttel / Tokio, 17/19.07.2011. (re) Nun sind die japanischen Fußballerinnen wieder zurück in ihrer Heimat. Danke liebe Japanerinnen für diesen schönen Abschluss der Weltmeisterschaft! Damit hatte anfangs wohl niemand gerechnet. Japan wird Fußballweltmeisterin. Schweden vielleicht, die USA bestimmt, aber Japan? Und hier haben wir ja ohnehin alle gedacht, Deutschland holt den Titel erneut. Doch diesmal wollte es nicht richtig klappen. Vielleicht war der Druck auch zu hoch, den unsere Erwartungshaltung erzeugt hat. Aber das soll hier nicht Thema sein. Dieser kurze Artikel möchte mit Japan feiern, denn Japan hat den Titel gleich mehrfach verdient.

Sportlich verdient

Ohne jeden Zweifel hat die japanische Frauen-Nationalmannschaft den Titel sportlich verdient, denn sie haben es mit ihrer sportlichen Leistung geschafft, ins Endspiel zu kommen und am Ende auch das Spiel zu gewinnen. Das trotz allem immer auch etwas Glück dazu gehört, schmälert den Erfolg nicht – denn das hätte auch für jede andere Mannschaft gegolten. Die USA haben zwar lange dominiert, aber Japan hat nicht aufgegeben und ist immer wieder aufgestanden.

Menschlich verdient

Auch Menschlich haben die Japanerinnen den Titel verdient, denn sie haben auch durch ihr Auftreten überzeugt – und deshalb auch den FIFA-Fairplay-Preis bekommen. Ohne jede affektierten Allüren, natürlich und bescheiden haben sie mit Begeisterung gespielt und sich am Ende in der gleichen Haltung gefreut. Auch das macht es angenehm, sich mit Japan zu freuen.

Solidarität mit den Menschen

Und dann hat Japan diese Freude auch verdient, weil das Land noch lange mit einer Tragödie leben muss, die sonst wenig Anlass zur Freude gibt. In wenigen Tagen wird der Alltag mit den von Naturgewalten verwüsteten und von menschlicher Verantwortungslosigkeit radioaktiv verseuchten Landschaften die Menschen wieder eingeholt haben. Auch aus der Solidarität mit den Menschen in Japan freut einen diese kleine Ablenkung für die Japanerinnen und Japaner.

Nochmal also: Herzlichen Glückwunsch Japan zum Titel und Danke für die schönen Spiele!

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Mai 23

V. Begründung einer Hoffnung

Begründung einer Hoffnung

Oder

Warum wir heute in Deutschland einen 62. Jahrestag feiern sollten

Gedanken zum Zeitgeist V – im Ostfalen-Spiegel

Von Rainer Elsner

62 Jahre? Warum soll ich heute feiern? Wer wird heute 62 Jahre alt? Nicht wenige, auch gebildete Menschen in Deutschland werden heute möglicherweise diese Frage stellen. Es sei denn, sie haben sich in der Nähe öffentlicher Gebäude schon gefragt, warum diese beflaggt sind. Andere Menschen aber wissen zum Glück auch sofort, warum heute die Flaggen am Mast gehisst wurden, was sie heute feiern können – und dürfen! Das „dürfen“ gehört dazu, denn es ist nicht selbstverständlich. Ein Blick in die Welt und in die (deutsche) Geschichte – auch die Geschichte dieser 62 Jahre – zeigt, dass das „dürfen“ nicht sicher ist. Was wir heute feiern können und dürfen und warum das trotz aller Fehlentwicklungen und Enttäuschungen eine Hoffnung begründen kann, darum soll es in den folgenden Denkanstößen gehen. Damit wollen diese fünften Gedanken zum Zeitgeist hier im Ostfalen-Spiegel den Zeitgeist diesmal zugleich mehr von der positiven Seite her beleuchten – wenn auch wieder auf nicht unbedingt ausgetretenen Pfaden.

„Ihr folget falscher Spur,
Denkt nicht wir scherzen!
Ist nicht der Kern der Natur
Menschen im Herzen?“[1]

Johann Wolfgang von Goethe

Am 23. Mai 1949 verkündete in den drei westlichen Besatzungszonen der (ein Dreivierteljahr zuvor eingerichtete) Parlamentarische Rat das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. Dieses verfassungsgleiche Grundgesetz, faktisch seitdem die bundesdeutsche Verfassung, ist die wohl freieste und menschenfreundlichste Verfassung, die ein deutscher Staat jemals hatte. Und trotz aller Angriffe und „Verwässerungen“ ist das noch immer der Fall. Die Bundesrepublik Deutschland hat es mit 62 Jahren auch geschafft, länger zu bestehen als jeder andere länderübergreifende deutsche Staat – und das eben mit einer demokratischen Verfassung. Und diese Verfassung ist der Grund zum Feiern! Eine Verfassung, die in Menschenliebe gründend sich unumstößlich der Würde des Menschen und den universalen Menschenrechten verpflichtet hat! Alle Menschen besitzen den gleichen Wert, alle Menschen haben das Recht auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit, die Todesstrafe ist abgeschafft, Eigentum verpflichtet … – es sind hohe Ideale, die diese Verfassung widerspiegelt!

Menschen, die dem guten Klang dieses Wortes auch Wahrhaftigkeit verleihen

Ein Blick in die Welt zeigt: Eine Vielzahl von Staaten wird noch immer despotisch regierten. Viele Menschen müssen unter menschenverachtenden Bedingungen leben und haben keinerlei gesetzlichen Anspruch auf Achtung ihrer Würde und ihrer Freiheit. Es kann also durchaus als Privileg angesehen werden, auf der Basis einer Verfassung wie dem Grundgesetz leben zu können und zu dürfen. Dies ist aber keine Gnade, sondern ein Vermächtnis. Und aus diesem Vermächtnis ergeben sich eine Verantwortung und eine Pflicht. Denn eine noch so gute Verfassung ist zunächst nur eine Ansammlung guter Worte. Seinen tatsächlichen Wert erhält jedes gute Wort erst mit Menschen, die dem guten Klang dieses Wortes auch Wahrhaftigkeit verleihen. Mit dem Leben im Schutz dieser Verfassung haben wir also zugleich die Verantwortung für diese Verfassung übertragen bekommen. Und aus dieser Verantwortung resultiert die Pflicht, diese Verfassung unsererseits zu schützen!

„Demnach muß ein jedes vernünftige Wesen so handeln, als ob es durch seine Maximen jederzeit ein gesetzgebendes Glied im allgemeinen Reiche der Zwecke wäre. Das formale Prinzip dieser Maximen ist: handele so, als ob deine Maxime zugleich zum allgemeinen Gesetz (aller vernünftigen Wesen) dienen sollte.“[2]

Immanuel Kant

Die Demonstration zu Stuttgart 21 im Spätsommer 2010 beispielsweise oder die momentan stattfindenden unzähligen Proteste gegen die weitere Nutzung der Atomkraft wie auch die kritische Haltung[3] zu den Auslandseinsätzen der Bundeswehr zeigen, dass sich viele Menschen hier in Deutschland durchaus der genannten Verantwortung und Pflicht bewusst sind. Der zugleich mancherorts anzutreffende teilnahmslos erscheinende Umgang mit dem Leid anderer Menschen, das erstaunlich starke Interesse für die königliche Hochzeit in England oder die (diesem Interesse wohl nahestehende) immer noch anzutreffende Bewunderung für die strahlend aber leer erscheinende Schönheit der Guttenbergs zeigen beispielhaft freilich auch, dass sicher viele Menschen dieses Verantwortungsbewusstsein noch nicht erlangt haben.

„Den »Ohne mich«-Typen ist eines der absolut konstitutiven Merkmale des Menschen abhanden gekommen: die Fähigkeit zur Empörung und damit zum Engagement.“[4]

Stéphan Hessel

ein besonderes Zeichen der Hoffnung schenken uns gerade die Menschen in Spanien

Ein Blick ins befreundete Europa und sogar in die durchaus mitunter sehr finster erscheinende Welt findet dann aber wieder Zeichen der Hoffnung: Die nach Freiheit strebenden Menschen in Ägypten, die eine despotische Regierung ohne Waffengewalt stürzen (wenn auch nicht gänzlich gewaltfrei wie 1989 in der DDR) sind ein solches Zeichen – dabei hatten wir hier im „arroganten“ Westen doch geglaubt, diese Menschen wären alle potentielle islamische Fundamentalisten! Und ein besonderes Zeichen der Hoffnung schenken uns gerade die Menschen in Spanien, die auf die Straße gehen, weil sie nicht mehr bereit sind, ihre Freiheit und ihre Zukunft den Interessen einer fragwürdigen Elite, bestehend aus „Grauen Eminenzen“, Managerinnen und Managern von Banken und Konzernen und willfährigen Politikern und Politikerinnen, zu opfern.

„Die Menschen werden nicht dadurch gerecht, daß sie wissen, was gerecht ist, sondern indem sie die Gerechtigkeit lieben.“[5]

Hannah Arendt

Zurück in Deutschland können wir auch mit einem Blick in die Geschichte Zeichen der Hoffnung finden: Die Geschwister Scholl und ihre Verbündeten, die nach dem Erkennen der Unmenschlichkeit schlussendlich ihr Leben gaben für das Ideal der Menschlichkeit. Die „Mütter und Väter“ des Grundgesetzes eben, die mit der gerade gemachten Erfahrung des ultimativ Unmenschlichen eine unumstößlich der Menschlichkeit verpflichtete Verfassung schrieben. Franzosen und Deutsche, die nach fast einem Jahrhundert blutiger Feindschaft echte Freunde geworden sind.

Es gibt eben auch immer wieder diese Zeichen der Hoffnung

Wenn auch nichts auf alle Zeit sicher ist und nichts Positives ohne stetes Bemühen auf alle Zeit Bestand hat. Es gibt eben auch immer wieder diese Zeichen der Hoffnung! Und diese Zeichen schenken die Hoffnung, dass es sich doch noch zum Positiven kehrt. Diese Zeichen lassen hoffen, dass sich auch Menschen wie Herr Guttenberg (um an die vorhergehenden Gedanken zum Zeitgeist anzuknüpfen) besinnen können und nicht mehr eine Welt des schönen Scheins pflegen, sondern sich tatsächlich ihrer menschlichen Verantwortung verpflichten. Diese Zeichen lassen hoffen, dass immer weniger Menschen dem bequem erscheinenden Egoismus folgen, sondern sich ebenfalls besinnen. Wenn wir die Menschen lieben, müssen wir gemeinsam unerschütterlich und mitunter schonungslos hin zum Wertpositiven streben. Nicht durch jederzeit hartes Bekämpfen aber werde ich menschlich, sondern durch die Fähigkeit, im Zweifel auch meinem Herzen und nicht meinem Ego folgen zu können. Oder, wie es Karl Jaspers formuliert hat:

„Wir sind sterblich als bloßes Dasein, unsterblich, wo wir zeitlich erscheinen, als das, was ewig ist. Wir sind sterblich als Lieblose, unsterblich als Liebende. Wir sind sterblich in der Unentschiedenheit, unsterblich im Entschluß. Wir sind sterblich als Naturgeschehen, unsterblich, wo wir uns in unserer Freiheit geschenkt werden.“[6]

Die Verkündung unseres Grundgesetzes vor 62 Jahren wie auch dessen in seinen Fundamenten unveränderter Bestand geben also Anlass zur Hoffnung. Jedoch der fortwährende Erhalt dieser Verfassung ist nur gesichert, wenn jede Bürgerin und jeder Bürger deren Sinn und Bedeutung jederzeit in seinem Bewusstsein hält und für diesen Erhalt eintritt[7]. Wir dürfen heute also unsere Verfassung feiern! Vielleicht würde der 23. Mai als nationaler Feiertag dem Erlangen des notwendigen Verantwortungsbewusstseins ebenso dienen, wie dies der 3. Oktober kann. Feiern wir am 3. Oktober die Wiedervereinigung beider deutschen Nachkriegsstaaten und somit vor allem den Mut der friedlich demonstrierenden Menschen in der DDR von 1989. So können wir heute, am 23. Mai, die Besinnung der Menschen in der sich gründenden Bundesrepublik von 1949 auf Menschenliebe, Menschenwürde, Menschenrechte, Demokratie und Freiheit feiern!

Weg der Zivilisation über den Abgründen der Barbarei wohl immer eine Gradwanderung

Diese Besinnung auf Frieden und Menschlichkeit ist notwendig, da der Weg der Zivilisation über den Abgründen der Barbarei wohl immer eine Gradwanderung bleiben wird. Wer nun angesichts der Schrecken der Welt und düsterer Zukunftsprognosen von Angst und Verzweiflung geplagt wird, vernehme noch einmal Karl Jaspers:

„Auf echte Weise hat Mut, wer aus Angst im Erfühlen des Möglichen zugreift in dem Wissen: nur wer Unmögliches will, kann das Mögliche erreichen. Die Erfahrung der Unerfüllbarkeit in dem Versuchen der Erfüllung kann allein verwirklichen, was dem Menschen aufgegeben ist zu tun.“[8]

Wolfenbüttel, den 23. Mai 2011

Quellen

[1] Goethe, Johann Wolfgang von: Goethes Werke. Hamburger Ausgabe in 14 Bänden. Hrsg. V. Erich Trunz. Band I. Gedichte und Epen I. Textkritisch durchgesehen u. kommentiert v. Erich Trunz. 14., durchges. Aufl. München: Verlag C. H. Beck, 1989 [(1) 1948], S. 306.

[2] Kant, Immanuel: Grundlegung zur Metaphysik der Sitten. Hrsg. Von Theodor Valentiner. Stuttgart: Reclam, 1991 [(1) 1785], S. 92 f. (Hervorhebung im Original).

[3] Heinz, Wolfgang S.: Zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr in der Terrorismusbekämpfung. Analysen und Empfehlungen aus der Sicht des internationalen Menschenrechtsschutzes

[4] Hessel, Stéphane: Empört euch! 8. Aufl. Berlin: Ullstein, 2011 [(1) 2010], S.13.

[5] Arendt, Hannah: Vom Leben des Geistes: Das Denken: Das Wollen. Hrsg. V. Mary McCarthy. A. d. Amerik. V. Hermann Vetter. Ungek. Taschenbuchausg. 2. Aufl. München: Piper, 2002 [(1) 1971], S. 337 f.

[6] Jaspers, Karl: Kleine Schule des philosophischen Denkens. Ungek. Taschenbuchausg. München: Piper, 1997 [(1) 1965], S. 165 f.

[7] Vgl. auch Art. 20 Abs. 4 Grundgesetz (GG)

[8] Jaspers, Karl: Die geistige Situation der Zeit: von Prof. Dr. Karl Jaspers. 9. Abdr. der im Sommer 1932 bearb. 5. Aufl. Berlin, New York: Walter de Gruyter, 1999 [(1) 1932], S. 135.

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Gedanken zum Zeitgeist

In den Gedanken zum Zeitgeist erscheinen in loser Folge kritische Kommentare zur aktuellen gesellschaftlichen und politischen Entwicklung in Deutschland und der Welt. Die einzelnen Gedanken zum Zeitgeist fokusieren in der Regel ein Thema und setzen auch unterschiedliche Schwerpunkte.  Grundsätzliche Standpunkte wie auch der philosophische Unterbau werden dabei nicht jedes Mal neu dargelegt. Für ein besseres Verständnis der Basis der geäußerten Kritik ist es also sinnvoll, nach und nach alle Gedanken zum Zeitgeist zu lesen und auch die Seite Ostfalen-Spiegel.

I. Tapfer sterben für …

II. Der Finger in der Wunde

III. Die Demokratie lebt vom Diskurs

IV. Mehr Schein als Sein

V. Begründung einer Hoffnung

VI. Wer das Geld hat –

VII:.…

April 14

Welttag des Buches am 23. April

Am 23 April ist der Welttag des Buches

Hinweis auf einen beachtenswerten Feiertag

Wolfenbüttel, 14.04.2011. (re) Seit 1995 wird am 23. April eines jeden Jahres der Welttag des Buches und des Urheberrechts (World Book and Copyright Day) gefeiert. Eingerichtet wurde der Feiertag von der UNESCO, der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization). Mit diesem Feiertag soll an die besondere Bedeutung des Lesens, der Bücher und der Kultur des geschriebenen Wortes sowie auch an die Rechte der Autorinnen und Autoren der Bücher erinnert werden.

"Der moderne Buchdruck“, vierte Skulptur von sechs beim Berliner Walk of Ideas zur FIFA Fußball-Weltmeisterschaft Deutschland 2006, enthüllt am 21. April 2006 auf dem Bebelplatz, einem Platz nahe des Boulevards Unter den Linden gegenüber der Humboldt Universität. Die Skulptur erinnert an Johannes Gutenberg, den Erfinder des modernen Buchdruck um 1450 in Mainz (Foto u. Beschreibung: Lienhard Schulz, Wikimedia Commons, Lizenz: CC BY-SA 3.0)

Eine katalanische Tradition

Der Wahl des Datums 23. April liegt eine katalanische Tradition zugrunde. Dies ist der Namenstag des Volksheiligen St. Georg. An diesem Tag werden in der autonomen Region Spaniens Katalonien Rosen und Bücher verschenkt.

Lesen eine Fertigkeit von zentraler Bedeutung

In den modernen Gesellschaften ist das Lesen eine Fertigkeit von zentraler Bedeutung. Ob Warnschilder, Wegweiser oder Bedienungsanleitungen, allein dafür schon ist es notwendig, lesen zu können. Für demokratische Gesellschaften schließlich ist es heute kaum verzichtbar, denn nur lesend können sich Bürgerinnen und Bürger wirklich fundiert über die gesellschaftlich relevanten Vorgänge und Entscheidungsprozesse informieren – auf Internetseiten, in Zeitschriften und eben in Büchern. Und auch die digitale „Kommunikation“, E-Mail, SMS oder Twitter, wäre ohne die Fertigkeit des Lesens (und Schreibens) nicht denkbar.

Bücher helfen, die Chancen und Möglichkeiten der Kinder zu erweitern

Für die Entwicklung und die späteren Entfaltungsmöglichkeiten von Kindern schließlich ist der frühe alltägliche Umgang mit Büchern von herausragender Wichtigkeit. Schon das Vorhandensein eines gefüllten Bücherregals im Wohnzimmer der Eltern hat seine Wirkung. Mit Bilderbüchern und dem Vorlesen sollte es dann beim Kind beginnen und spätestens nach der Einschulung ist es ratsam, das selbständige Lesen zu fördern. Dieser alltägliche Umgang mit Büchern fördert die Phantasie und die Intelligenz des Kindes. Zugleich vermittelt fast jedes Buch auch Wissen. Und all das führt in der Regel zu guten Leistungen in der Schule und somit zu einer breiten und fundierten Bildung.

Bücher helfen also dabei, die gesellschaftichen und berufliche Chancen und Möglichkeiten der Kinder zu erweitern und verantwortungsbewusste Bürgerinnen und Bürger heranzubilden.

Ich schenke dir eine Geschichte

In Deutschland haben der Börsenverein des Deutschen Buchhandels und die Stiftung Lesen zu diesem Feiertag eine „Dachkampagne“ entwickelt und eine entsprechende Internetseite hierzu eingerichtet. So gibt es zum Beispiel die Buch-Gutschein-Aktion „Ich schenk dir eine Geschichte“ für alle 4. und 5. Klassen, zu der auf der Internetseite eingehend informiert wird.

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April 7

Atomausstieg innerhalb weniger Jahre möglich

Ein Atomausstieg ist innerhalb weniger Jahre möglich

Ergänzungen zur heute veröffentlichten Studie von Greenpeace

Wolfenbüttel, 07.04.2011. (re) Ein Atomausstieg ist in wenigen Jahren möglich. Dies zeigt die gerade veröffentlichte Studie von Greenpeace wie auch andere ähnliche Studien. Allerdings ist dieser Ausstieg, der zugleich auch ein Umstieg sein wird, nicht ohne vielfältige gesellschaftliche Veränderungen möglich. Die Netzstrukturen müssen großräumig sein, um eine geordnete Lastverteilung hinzubekommen. Und die Netze müssen eine überschaubare Größe behalten und von Unternehmen der öffentlichen Hand, also Länder und Kommunen, betrieben werden, damit ein sinnvoller und gerechter Betrieb der Netze gewährleistet werden kann.

Dezentralisierung der Stromversorgung

Die Erhöhung der Wirkungsgrade, die Nutzung möglichst vieler für die regenerative Energiegewinnung geeigneter Bereiche und auch soziale und ökologische Aspekte sprechen für eine Dezentralisierung der Energieerzeugung. Windräder auf Ackerflächen, Photovoltaikanlagen auf Hausdächern und kleine Blockheizkraftwerke in z. B. Wohnanlagen werden einen nicht unbedeutenden Teil des benötigten Stroms liefern müssen.

Windräder südöstlich der Asse bei Wolfenbüttel (Foto: re)

Die also notwendige Dezentralisierung der Energieversorgung wird zu einer Umverteilung von Einflüssen (Macht) und Kapitalerträgen (Reichtum) führen. Dies wird entsprechende Widerstände zur Folge haben. Die Klage von RWE oder auch die Problematik, mit der die neue grün-rote Landesregierung in Baden Württemberg mit EnBW zu kämpfen hat, geben einen ersten Eindruck davon.

Chance für unsere Demokratie

Wahrscheinlich werden auch die Strompreise steigen, was bei den Stromverbrauchern zu Mehrkosten führen wird. Firmen und Privatpersonen gleichermaßen sollten sich also schon jetzt Gedanken machen über ein mögliches Einsparpotenzial bei ihren stromverbrauchenden Gerätschaften. Und der verstärkte Bau von Windrädern oder auch von Wasserkraftwerken wird immer wieder zu auch berechtigten Diskussionen über ökologische und landschaftliche Auswirkungen führen.

Es wird also künftig wahrscheinlich mehr den je zu öffentlichen Diskussionen über die Zukunft unserer Energieversorgung kommen. Bleibt zu wünschen und zu hoffen, dass dabei alle Beteiligten ihr Augenmaß nicht verlieren und sich auch ggf. in ihren (egoistischen) Einzelinteressen zu Gunsten lebender und künftiger Generationen zurücknehmen können. Dies ist dann zugleich eine Chance für unsere Demokratie.

Weitere Informationen:

Eine journalistische Aufbereitung der Arbeit von Greenpeace findet sich z. B. bei Spiegel-Online. Hier sind auch die zugehörigen Grafiken zu finden. Die taz berichtet heute von einer Studie des Fraunhofer-Instituts, die von einem möglichen Ausstieg bis 2020 spricht. In diesem Bericht wird das Thema etwas eingehender behandelt. Und Die Zeit zeigt in einem Bericht über Baden Württemberg und EnBW ein Beispiel für die Widerstände in den Großkonzernen.

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März 20

Vernunft, die sich im Entschluss entfaltet

Buchvorstellung

Karl Jaspers

Vernunft und Widervernunft in unserer Zeit.

Drei Vorlesungen.

Neuausg.

München: Piper, 1990 [(1) 1950].

Taschenbuch, 71.

ISBN 3-492-11199-8

[Die Quellenangabe bezieht sich auf die der Rezension zugrunde liegende Ausgabe]

Rezension und Hintergrund

„Vernunft will nicht durch Vergessen schuldig werden, nicht in einer Scheinharmonie das Eine verlieren, nicht durch Verschleierung sich betrügen.“[1]

Dem Hang des Menschen, sich dogmatisch an eine Ideologie zu klammern setzt Jaspers die Vernunft, die sich in der Freiheit des Menschen im selbständigen bewusstem Entschluss entfaltet, entgegen. Gegen den Machbarkeitswahn und den „Wissenschaftsaberglauben“ setzt er das von der Vernunft geforderte kritische Hinterfragen. Nur in der Kommunikation mit anderen Menschen können wir zur Wahrheit finden.

„Wir wissen voneinander nichts Wesentliches, außer wenn wir miteinander in Kommunikation treten.“ [2]

Karl Jaspers war Wissenschaftler, Arzt und Psychiater, er war vielleicht der bedeutendste Philosoph des zwanzigsten Jahrhunderts, und er war ein kritischer politischer Schriftsteller. Hannah Arendt sagte von ihm, er sei “in … eigentlich jeder Hinsicht der einzige Nachfolger …, den Kant je gehabt hat”[3]. Für Jaspers war Philosophie nie eine Sache für den akademischen Elfenbeinturm, sondern immer für den einzelnen denkenden und fühlenden Menschen. Entsprechend hat er auch immer wieder die akademischen Mauern verlassen und die Öffentlichkeit gesucht. Von manchem Zeitgenossen als unbequem empfunden hat er nicht nur zu philosophischen Fragen Stellung bezogen, sondern auch zu politischen (was ja ohnehin nicht wirklich trennbar ist). Die Forderung nach Menschlichkeit sprach immer wieder aus seinen Worten. Die Frage nach der Existenz, die Kommunikation mit anderen Menschen als existenziell wesentlich, die Erörterung von Vernunft als oberstem Erkenntnisvermögen sind zentrale Themen in seiner Philosophie. Und vor diesem Hintergrund erörtert Jaspers in seiner Philosophie besonders die Liebe als existenziell wesentliche positive und eigentlich sinnstiftende Kraft. „Liebend sehe ich erst, was eigentlich ist.“[4] Im liebenden Kampf finden die Liebenden zu sich und zu einander. Kommunikation bekommt hier ihren ganz besonderen Sinn, denn nur in Kommunikation erfahren wir Wesentliches.

Auch dieses Buch wird derzeit leider nicht mehr verlegt.

Umschlagtext

An Marxismus und Psychoanalyse entwickelt Karl Jaspers den Sinn der Wissenschaft und das Wesen der Vernunft, jenes »Wesentliche und Allumgreifende des Philosophierens …, worin wir vielleicht wieder einen gemeinsamen Boden finden«.

Jaspers zeigt die Vernunft im Kampf gegen Widervernunft. So öffnet sich der Raum der Freiheit, in dem die Macht der Ideologie und der Demagogie erlischt.

Ein Text, der auch vierzig Jahre nach seiner Veröffentlichung noch aktuell ist.

[1] Jaspers, Karl: Vernunft und Widervernunft in unserer Zeit: Drei Vorlesungen. Neuausg. 3. Aufl. München: Piper, 1990 [(1) 1950], S. 34.

[2] Jaspers, Karl: Vernunft, S. 40.

[3] Arendt, Hannah: Humanitas. Laudatio anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels an Karl Jaspers 1958. Frankfurt am Main: Börsenverein des deutschen Buchhandels, o. J. [1958], S. 3 (http://www.boersenverein.de/sixcms/media.php/806/1958_jaspers.pdf).

[4] Jaspers, Karl: Von der Wahrheit. Lizenzausg. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1983 [1947 (1)], S. 992.

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März 20

Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft

Buchvorstellung

Hannah Arendt

Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft.

Antisemitismus, Imperialismus, totale Herrschaft.

Ungek. Taschenbuchausg.

11. Aufl.

München: Piper, 2006 [(1) 1951].

Taschenbuch, 1015.

ISBN-13 978-3-492-21032-4

„Menschlich müssen wir weitgehend Verantwortung auch für das übernehmen, was Menschen ohne unser Wissen und Zutun irgendwo in der Welt verbrochen haben; sonst gäbe es keine Einheit des Menschengeschlechts. Wir können es, weil uns gerade die spezifisch bösen Motive oder die spezifisch berechnete Zweckmäßigkeit der Handlung menschlich einsichtig ist.“[1]

Kurzbeschreibung aus dem Buch

Unter dem Eindruck des Holocaust, der nationalsozialistischen Vernichtung des europäischen Judentums, hat Hannah Arendt mit ‚Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft‘ – zuerst 1951 in New York erschienen, in deutscher Übersetzung 1955 – zugleich eine Geschichte und eine Theorie des Totalitarismus geschrieben. Hier hat sie „die allgemein gültige Vorstellung vom monolithischen Charakter des Dritten Reiches erschüttert und auf die eigentümliche Strukturlosigkeit totaler Regierungen hingewiesen. Hannah Arendt analysiert den Nationalsozialismus und den Stalinismus als verwandte Herrschaftstypen und als Folgeerscheinungen von Antisemitismus und Imperialismus.“ (Deutschlandfunk)

Autorinnenportrait aus dem Buch

Hannah Arendt, am 14. Oktober 1906 in Hannover geboren und am 4. Dezember 1975 n New York gestorben, studierte Philosophie, Theologie und Griechisch unter anderem bei Heidegger, Bultmann und Jaspers, bei dem sie 1928 promovierte. 1933 Emigration nach Paris, ab 1941 in New York. 1946 bis 1948 Lektorin, danach als frei Schriftstellerin tätig. 1963 Professorin für Politische Theorie in Chicago, ab 1967 an der New School for Social Research in New York.

Umschlagtext

»Es liegt am Menschen und nicht an einem dunklen Verhängnis, was aus ihm wird. Weil die Einsicht unsere politische Denkungsart klärt und dadurch erneuert, ist das Buch geschrieben. Es macht keine Vorschläge und gibt keine Programme. Denn es will als solches nur historische Erkenntnis.

Daher halte ich dieses Buch für Geschichtsschreibung großen Stils.«

Karl Jaspers

[1] Arendt, Hannah: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft: Antisemitismus, Imperialismus, totale Herrschaft. Ungek. Taschenbuchausg. 11. Aufl. München: Piper, 2006 [(1) 1951], S. 946.

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März 20

Kants pragmatische Antropologie

Buchvorstellung

Immanuel Kant

Anthropologie in pragmatischer Hinsicht.

Hrsg. u. eingel. V. Wolfgang Becker.

M. e. Nachw. V. Hans Ebeling.

Stuttgart: Philipp Reclam jun., 1983 [(1) 1798].

Kartoniert, 389.

ISBN 3-15-007541-6

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März 20

Von der Wahrheit

Buchvorstellung

Karl Jaspers

Von der Wahrheit.

Lizenzausg.

3. Aufl.

Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1983 [(1) 1947].

Gebunden, XXIII, 1103.

„Wir leben nicht unmittelbar im Sein, daher wird Wahrheit nicht unser fertiger Besitz. Wir leben im Zeitdasein: Wahrheit ist unser Weg.“ [1]


„Ich verfüge nicht über meine Liebe, kann nicht bezwecken, ob und was ich lieben möchte oder nicht.“ [2]

Karl Jaspers war Wissenschaftler, Arzt und Psychiater, er war vielleicht der bedeutendste Philosoph des zwanzigsten Jahrhunderts, und er war ein kritischer politischer Schriftsteller. Hannah Arendt sagte von ihm, er sei “in … eigentlich jeder Hinsicht der einzige Nachfolger …, den Kant je gehabt hat”[3]. Für Jaspers war Philosophie nie eine Sache für den akademischen Elfenbeinturm, sondern immer für den einzelnen denkenden und fühlenden Menschen. Entsprechend hat er auch immer wieder die akademischen Mauern verlassen und die Öffentlichkeit gesucht. Von manchem Zeitgenossen als unbequem empfunden hat er nicht nur zu philosophischen Fragen Stellung bezogen, sondern auch zu politischen (was ja ohnehin nicht wirklich trennbar ist). Die Forderung nach Menschlichkeit sprach immer wieder aus seinen Worten. Die Frage nach der Existenz, die Kommunikation mit anderen Menschen als existenziell wesentlich, die Erörterung von Vernunft als oberstem Erkenntnisvermögen sind zentrale Themen in seiner Philosophie. Und vor diesem Hintergrund erörtert Jaspers in seiner Philosophie besonders die Liebe als existenziell wesentliche positive und eigentlich sinnstiftende Kraft. „Liebend sehe ich erst, was eigentlich ist.“[4] Im liebenden Kampf finden die Liebenden zu sich und zu einander. Kommunikation bekommt hier ihren ganz besonderen Sinn, denn nur in Kommunikation erfahren wir Wesentliches.

Umschlagtext der Taschenbuchausgabe im Piper-Verlag (ISBN 3-492-11001-0, 1991)

Das Hauptwerk Jaspers‘ »Von der Wahrheit« ist eine Logik der Ursprünge, eine Metaphysik des Umgreifenden und eine Phänomenologie der Vernunft.

»Hier haben sich wissenschaftliche Spekulation und tiefe Weisheit in einzigartiger Weise vermählt. Mitten zwischen den abstraktesten Untersuchungen finden sich allerorten Formulierungen von einer Tiefsicht und Lebensweisheit, daß sie ohne Vorbehalt in den eigenen Besitz übergehen.« Südwestfunk

[1] Jaspers, Karl: Von der Wahrheit. Lizenzausg. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1983 [1947 (1)], S. 1.

[2] Jaspers, Wahrheit, S. 992.

[3] Arendt, Hannah: Humanitas. Laudatio anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels an Karl Jaspers 1958. Frankfurt am Main: Börsenverein des deutschen Buchhandels, o. J. [1958], S. 3 (http://www.boersenverein.de/sixcms/media.php/806/1958_jaspers.pdf).

[4] Jaspers, Wahrheit, S. 991.

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