März 20

Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft

Buchvorstellung

Hannah Arendt

Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft.

Antisemitismus, Imperialismus, totale Herrschaft.

Ungek. Taschenbuchausg.

11. Aufl.

München: Piper, 2006 [(1) 1951].

Taschenbuch, 1015.

ISBN-13 978-3-492-21032-4

„Menschlich müssen wir weitgehend Verantwortung auch für das übernehmen, was Menschen ohne unser Wissen und Zutun irgendwo in der Welt verbrochen haben; sonst gäbe es keine Einheit des Menschengeschlechts. Wir können es, weil uns gerade die spezifisch bösen Motive oder die spezifisch berechnete Zweckmäßigkeit der Handlung menschlich einsichtig ist.“[1]

Kurzbeschreibung aus dem Buch

Unter dem Eindruck des Holocaust, der nationalsozialistischen Vernichtung des europäischen Judentums, hat Hannah Arendt mit ‚Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft‘ – zuerst 1951 in New York erschienen, in deutscher Übersetzung 1955 – zugleich eine Geschichte und eine Theorie des Totalitarismus geschrieben. Hier hat sie „die allgemein gültige Vorstellung vom monolithischen Charakter des Dritten Reiches erschüttert und auf die eigentümliche Strukturlosigkeit totaler Regierungen hingewiesen. Hannah Arendt analysiert den Nationalsozialismus und den Stalinismus als verwandte Herrschaftstypen und als Folgeerscheinungen von Antisemitismus und Imperialismus.“ (Deutschlandfunk)

Autorinnenportrait aus dem Buch

Hannah Arendt, am 14. Oktober 1906 in Hannover geboren und am 4. Dezember 1975 n New York gestorben, studierte Philosophie, Theologie und Griechisch unter anderem bei Heidegger, Bultmann und Jaspers, bei dem sie 1928 promovierte. 1933 Emigration nach Paris, ab 1941 in New York. 1946 bis 1948 Lektorin, danach als frei Schriftstellerin tätig. 1963 Professorin für Politische Theorie in Chicago, ab 1967 an der New School for Social Research in New York.

Umschlagtext

»Es liegt am Menschen und nicht an einem dunklen Verhängnis, was aus ihm wird. Weil die Einsicht unsere politische Denkungsart klärt und dadurch erneuert, ist das Buch geschrieben. Es macht keine Vorschläge und gibt keine Programme. Denn es will als solches nur historische Erkenntnis.

Daher halte ich dieses Buch für Geschichtsschreibung großen Stils.«

Karl Jaspers

[1] Arendt, Hannah: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft: Antisemitismus, Imperialismus, totale Herrschaft. Ungek. Taschenbuchausg. 11. Aufl. München: Piper, 2006 [(1) 1951], S. 946.

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September 22

Der Löwe unterm Hakenkreuz

Buchvorstellung

Reinhard Bein, Ernst-August Roloff (Hrsg.)

Der Löwe unterm Hakenkreuz: Reiseführer durch Braunschweig und Umgebung 1930-1945.

Mit weiteren Beiträgen von Susanne Weihmann und Elke Zacharias.

Göttingen: MatrixMedia GmbH Verlag, 2010.

Kartoniert, 330.

ISBN: 978-3-932313-36-3

[Die Quellenangabe bezieht sich auf die der Rezension zugrunde liegende Ausgabe]

(re) In Braunschweig und im Braunschweiger Umland finden sich zahlreiche Spuren aus dem dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte. Und das ist nicht ohne Grund der Fall. Braunschweig war von Anbeginn ein wichtiger Stützpunkt für die Nationalsozialisten. In Braunschweig wurde der Österreicher Adolf Hitler deutscher Staatsbürger, hier schuf sich der „Reichsjägermeister“ Hermann Göring Kultstätten für seine Jagdleidenschaft, hier kam es schon 1931 zu großen Aufmärschen der SA (Bild) und hier wuchs eine für die Rüstung wichtige Industrie. Das nun (2010) vorgelegte Buch zeigt interessierten Besuchern und auch Einheimischen die vielen Orte, die bis heute noch Spuren aus dieser Zeit bergen. Sei es die Weihestätte im Hainberg bei Bockenem oder die Mustersiedlung Lehndorf. Ein Buch, dass auch gegen das Vergessen hilft. – Denn nur, wer die Wege der Vergangenheit kennt, kann erahnen, wo künftige Wege hin führen (können).

Umschlagtext:

Im September 1930 traten die Nationalsozialisten im Freistaat Braunschweig in eine Regierungskoalition ein. Diesen Vorsprung nutzte die NSDAP im Braunschweiger Land, um die Nazifizierung tiefgreifender und gründlicher voranzutreiben, als in anderen Ländern des Reiches. Durch den fatalen Ehrgeiz des Ministers Klagges und seiner Gefolgsleute, Braunschweig zu einem Nazi-Musterland machen zu wollen, erlebte das Land eine Herrschaft des politischen Banditentums. In Braunschweig ist die Gegenwart – fast unsichtbar und doch immer spürbar – mit den Abgründen der nationalsozialistischen Vergangenheit verbunden.

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Juni 30

Eine mit Gewalt imprägnierte Gesellschaft

Buchvorstellung

Wolfram Wette

Militarismus in Deutschland: Geschichte einer kriegerischen Kultur.

Lizenzausg.

Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2008.

Gebunden, SU, 309.

Bestellnummer: 21643-1

[Die Quellenangabe bezieht sich auf die der Rezension zugrunde liegende Ausgabe]

Rezension und Hintergrund

(re) Anschaulich und kompetent zeigt Wolfram Wette, dass die Wurzeln des deutschen Militarismus zurück reichen bis zu Friedrich I., dem ersten „König in Preußen“. Von Anbeginn waren Krieg und Militäradel zentrale Stützen des preußischen Staates. Der König war Kriegsherr und Gesetzgeber, die Adligen Gutsherren und Offiziere in der Armee. Die damit verbundene militärische Durchdringung der Gesellschaft verfestigte sich über die Jahrzehnte zunehmend. Mit der Gründung des Deutschen Kaiserreichs 1871 drückte Preußen seinen Stempel schließlich dem gesamten politischen Verbund auf. Bis zum Ende des Reiches 1918 blieb das preußische Militär der entscheidende Machtfaktor im gesamten Deutschen Kaiserreich.  Der preußische Militarismus lebte auch danach im Deutschen Reich weiter und führte schließlich mit in den grauenvollen und verbrecherischen Zweiten Weltkrieg.  Davon beeindruckt war dieser Militarismus zumindest in Westdeutschland über viele Jahrzehnte kaum sichtbar, wenn auch nicht verschwunden! Die Bundeswehr verstand sich (nach anfänglichen Negativtendenzen!) als der Demokratie verpflichtete reine Verteidigungsarmee, beanspruchte aber wie seine Vorläuferarmeen eine herausgehobene gesellschaftliche Stellung. Die westdeutsche Zivilgesellschaft kann in weiten Teilen als entmilitarisiert angesehen werden. Seit der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten ändert sich nun der politische Stellenwert des Militärs aber wieder zunehmend, und es sind rückläufige Tendenzen zu erkennen. Sowohl der Einsatz des Militärs als Mittel der Außenpolitik als auch die latente Diskussion über den Einsatz von bewaffnetem Militär im Landesinnern zeigen eine Abkehr von der „friedlichen“ Nachkriegspolitik in eine gefährliche Richtung.

Umschlagtext:

Dass eine mit Gewalt imprägnierte Gesellschaft zu gegebener Zeit eine Eigendynamik entfalten, dass sie sich sogar als ein Treibhaus für Katastrophen erweisen kann, diese uns heute einleuchtend erscheinende Einsicht musste im 20. Jahrhundert teuer erkauft werden.

Wolfram Wette, weithin bekannt als einer der wichtigsten – kritischen – Militärhistoriker, macht mit seinem neuesten Werk deutlich, dass weiterreichende Erkenntnisse über die Genese des preußisch-deutschen Militarismus und der zwei Weltkriege aber erst gewonnen werden können, wenn bewusst wird, wie tief das Militär in Struktur und Mentalität der deutschen Gesellschaft besonders vom Kaiserreich an bis in die Zeit des Nationalsozialismus verwurzelt war. Einflüsse des Militärs auf die Politik, die Wissenschaft und die Wirtschaft, sozialer Militarismus, Gewaltverherrlichung, Kriegsideologien, Freund-Feind-Denken, nationalistische und rassistische Ideologien, militaristische Erziehung, Interessen der Rüstungsindustrie und andere Erscheinungen sind als Bestandteile eines größeren Ganzen aufzufassen.

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Juni 30

Die Zertrümmerung der alten preußischen Armee

Buchvorstellung

Arthur Rosenberg

Entstehung der Weimarer Republik.

Hrsg. u. eingel. v. Kurt Kersten.

16. unveränd. Aufl.

Frankfurt a. M: Europäische Verlagsanstalt, 1974 [1961(1)].

Broschiert, 267.

ISBN 3-434-00002-X

[Die Quellenangabe bezieht sich auf die der Rezension zugrunde liegende Ausgabe]

Rezension und Hintergrund

(re) Arthur Rosenberg zeigt in seinem intelligenten und kritischen Buch zunächst die Verbindung von der Gründung des Deutschen Kaiserreichs in Versailles bis zu dessen Ende ebendort. Sodann schildert er ausführlich und ohne deutschen Pathos den Verlauf des Ersten Weltkrieges. Deutlich und kritisch belegt er die Verantwortung des deutschen (preußischen) Militärs aber auch der politischen Kräfte von Rechts bis Links. Er zeigt die Macht der Obersten Heeresleitung (OHL), die faktisch eine Militärdiktatur über Deutschland errichtet hatte. Keinen Zweifel lässt er an der Verantwortung der OHL für die Niederlage und verbannt damit die „Dolchstoßlegende“ in eben das Reich der Legenden. Und so stellt Rosenberg einleiten auch fest: „… die entscheidende Neuerung [der in Weimar geschaffenen Republik] liegt in der Zertrümmerung der alten preußischen Armee durch die Niederlage im Westen, durch die Revolution und durch den Versailler Frieden …“. – Dass diese Zertrümmerung aber nicht zum Ende des Militarismus in Deutschland geführt hat, wird sich zwei Jahrzehnte später grausam offenbaren.

Umschlagtext:

Professor Rosenberg hatte für dieses Buch den unschätzbaren Vorteil, Quellen verwenden zu können, die anderen Autoren nicht mehr zur Verfügung stehen. Seine Tätigkeit im Untersuchungsausschuß des Deutschen Reichstages für die Ursachen des deutschen Zusammenbruches gab ihm Gelegenheit, die Hauptakteure jener Epoche persönlich zu befragen und in Material Einsicht zu nehmen, das heute nicht mehr zugänglich ist.

… Das kluge Buch ist aufschlußreich für die innere Entwicklung des demokratischen Staates, es ist aufschlußreich für die Fehler seiner Führung ohne Größe und Weitblick. Es ist zugleich ein belebendes Zeugnis für die gebändigte Leidenschaft eines Gelehrten und Politikers. – Bücherei und Bildung

… ein Buch, das wegen seiner Scharfsinnigkeit, Originalität und großartigen Unbefangenheit wahrlich einen ungewöhnlichen Rang beanspruchen darf. – Südwestfunk

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Juni 23

Spuren des Unrechtsstaats im Freistaat Braunschweig

Buchvorstellung

Gerhard Wysocki

Die Geheime Staatspolizei im Land Braunschweig

Polizeirecht und Polizeipraxis im Nationalsozialismus

Frankfurt//Main; New York: Campus Verlag, 1997.

Kartoniert, 367.

ISBN: 3-593-35835-2

[Die Quellenangabe bezieht sich auf die der Rezension zugrunde liegende Ausgabe]

Rezension und Hintergrund

(re) Der Rechtsstaat war im Dritten Reich faktisch aufgehoben. Die Gerichte urteilten ohnehin meist  opportun zu den Machthabern. Noch schwerwiegender war allerdings, dass die Polizei und vor allem die Geheime Staatspolizei (Gestapo) völlig unabhängig von Gerichtsurteilen Menschen inhaftieren, foltern und auch töten konnte, durfte und sollte. Dies geschah zu Hauf im gesamten Deutschen Reich. Von diesem menschenverachtenden Abschnitt deutscher Geschichte berichtet diese Buch bezogen auf das Land Braunschweig. Braunschweig mit seinem überzeugten Nationalsozialistischen Ministerpräsidenten Dietrich Klagges war von Beginn an ein „braunes“ Musterland.

Umschlagtext:

„Die Polizei besaß im Nationalsozialismus nahezu unkontrollierte Befugnisse. Verhaftungen aus politischen Gründen, unbegrenzte Inhaftierung, Sonderbestrafungen und Hinrichtungen – alles schien ihr erlaubt. Das Buch zeigt die Herrschaftspraxis der Geheimen Staatspolizei in Justiz, Verwaltung und Gesellschaft am Beispiel des Landes Braunschweig. Neben rechts- und organisationsgeschichtlichen Grundlagen werden erschütternde Ereignisse geschildert, die die Herrschaftsmechanismen der Gestapo beleuchten.“

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