Dezember 2

#2 Ein Blick über den Presse-Rand

Ein Blick über den Presse-Rand

Denk-Anstoß #2 – im Ostfalen-Spiegel

Von Rainer Elsner

Wolfenbüttel, 01.12.2011. Auch der Ostfalen-Spiegel wurde unter anderem ins Leben gerufen, um die Berichterstattung der vorhandenen Medien zu ergänzen. Dies geschah mit dem Eindruck, dass diese Berichterstattung immer wieder recht einseitig ist und sich in politischen Themen meist an Vorgaben einflussreicher Parteien, Organisationen und Unternehmen hält. Eine besondere Rolle spielt hier zum Beispiel die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft(INSM). Auch mangelt es allem Anschein nach nicht selten an präziser Recherche und fundierten Hintergrundinformationen.

Was veranlasst zu dieser Sichtweise?

Was veranlasst zu dieser Sichtweise? Nun, ein aufmerksamer und kritischer Blick in die Presse zeigt solches zumindest tendenziell mitunter auch eindeutig. Die Überschriften wie die Inhalte ähneln einander nicht selten. Alle arbeiten sich am gleichen, gerade auf der Informationswelle oben treibenden Thema ab und lassen die gleichen „Experten“ zu Wort kommen. Wirklich fundierte Kritik, wie sie von einer „vierten Gewalt“ zu erwarten wäre, bleibt die Ausnahme.

„Die verlorene Ehre der Katharina Blum“

Bei näherer Betrachtung werden dann interessante Aspekte sichtbar: Nicht wenige Menschen lassen sich durch die Springerpresse mit ihrem Flaggschiff, der Boulevardzeitung Bild-Zeitung (und bild.de), informieren. Schon Heinrich Böll hatte mit seiner Erzählung „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ auf die Arbeitsweise, den Informationsgehalt und die dahinter stehende Denkungsart dieser Medien hingewiesen. Und daran hat sich trotz aller Kaschierungen im Prinzip bis heute nichts geändert (wie z. B. auch der BILDblog immer wieder belegt). Dennoch hat die Springer-Presse eine breite Leserschaft in allen (!) Bildungsschichten.

konzernartiges Zusammenwachsen der Verlage in der Lokalpresse wie auch in den überregionalen Zeitschriften

Und die anderen? In der Lokalpresse wie auch in den überregionalen Zeitschriften hat es eine konzernartiges Zusammenwachsen der Verlage gegeben, so dass von einer wirklichen Unabhängigkeit auch hier nicht mehr gesprochen werden kann. Aufmerksame Leser erkennen immer wieder die Einflüsse aus Politik und Wirtschaft auf die Berichterstattung. Denn warum sonst sollte zum Beispiel die von Wissenschaftlern gern gelesene „ZEIT“ dem Plagiator Guttenberg jüngst die Titelstory mit „freundlichem“ Portrait auf der Titelseite schenken? Und auch die lieben „Experten“ sind häufig nicht so wissend und unabhängig, wie es ihre wissenschaftlichen Titel glauben machen. Denn nicht selten werden bei genauerer Betrachtung immer gleiche Auftraggeber für Forschungsarbeiten sichtbar und eine Professorentitel allein ist ohnehin kein Garant für Weisheit.

ein kleines Jubiläum im Bereich kritischer Medien

Nun lassen es Zeit und Größe dieser Redaktion nicht zu, dass hier ein ausreichender Ausgleich geschaffen wird. Um so deutlicher aber ist ein kleines Jubiläum im Bereich kritischer Medien Anlass, auf die genannten Probleme und Defizite hinzuweisen und auf „eine gebündelte Informationsquelle für jene Bürgerinnen und Bürger …, die am Mainstream der öffentlichen Meinungsmacher zweifeln und gegen die gängigen Parolen Einspruch anmelden“*, zu verweisen.

Am 30. November feierten die NachDenkSeiten ihr achtjähriges Jubiläum. Als Glückwunsch und als Anregung, diese „kritische Webseite“ regelmäßig zu besuchen (ein News-Feed kann abonniert werden) und auch finanziell zu unterstützen, veröffentlicht der Ostfalen-Spiegel im Anschluss den Jubiläumsartikel der NachDenkSeiten. Zugleich finden sich in diesem Artikel auch noch wichtige Informationen zum immer noch aktuellen Stuttgart21! Als weitere kritische Informationsquellen sind an dieser Stelle Blogs zu nennen wie zum Beispiel der Spiegelfechter, in welchem auch interessante Diskussionen geführt werden oder unabhängige Zeitschriften wie das Greenpeace-Magazin, was nicht nur reine Umweltthemen (gibt es die überhaupt?) abarbeitet und es seit Jahren schafft, sich ohne Anzeigen zu finanzieren.

Den eigenen Verstand und die eigene Vernunft dürfen wir nie abschalten!

Auch all diese Informationsquellen sind sicher nicht immer objektiv oder fehlerfrei. Den eigenen Verstand und die eigene Vernunft dürfen wir nie abschalten! Jedoch sind die Informationen in den zuletzt genannten Medien eben nicht das Produkt einer hochdotierten PR-Mannschaft, sondern das Ergebnis von Menschen, die mehrheitlich auch aus menschlichen Idealen heraus arbeitenden. Wer neben seiner lokalen Tageszeitung einen regemäßigen Blick in solche Medien wirft, wird also sicher nicht dümmer ;-).

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April 14

Welttag des Buches am 23. April

Am 23 April ist der Welttag des Buches

Hinweis auf einen beachtenswerten Feiertag

Wolfenbüttel, 14.04.2011. (re) Seit 1995 wird am 23. April eines jeden Jahres der Welttag des Buches und des Urheberrechts (World Book and Copyright Day) gefeiert. Eingerichtet wurde der Feiertag von der UNESCO, der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization). Mit diesem Feiertag soll an die besondere Bedeutung des Lesens, der Bücher und der Kultur des geschriebenen Wortes sowie auch an die Rechte der Autorinnen und Autoren der Bücher erinnert werden.

"Der moderne Buchdruck“, vierte Skulptur von sechs beim Berliner Walk of Ideas zur FIFA Fußball-Weltmeisterschaft Deutschland 2006, enthüllt am 21. April 2006 auf dem Bebelplatz, einem Platz nahe des Boulevards Unter den Linden gegenüber der Humboldt Universität. Die Skulptur erinnert an Johannes Gutenberg, den Erfinder des modernen Buchdruck um 1450 in Mainz (Foto u. Beschreibung: Lienhard Schulz, Wikimedia Commons, Lizenz: CC BY-SA 3.0)

Eine katalanische Tradition

Der Wahl des Datums 23. April liegt eine katalanische Tradition zugrunde. Dies ist der Namenstag des Volksheiligen St. Georg. An diesem Tag werden in der autonomen Region Spaniens Katalonien Rosen und Bücher verschenkt.

Lesen eine Fertigkeit von zentraler Bedeutung

In den modernen Gesellschaften ist das Lesen eine Fertigkeit von zentraler Bedeutung. Ob Warnschilder, Wegweiser oder Bedienungsanleitungen, allein dafür schon ist es notwendig, lesen zu können. Für demokratische Gesellschaften schließlich ist es heute kaum verzichtbar, denn nur lesend können sich Bürgerinnen und Bürger wirklich fundiert über die gesellschaftlich relevanten Vorgänge und Entscheidungsprozesse informieren – auf Internetseiten, in Zeitschriften und eben in Büchern. Und auch die digitale „Kommunikation“, E-Mail, SMS oder Twitter, wäre ohne die Fertigkeit des Lesens (und Schreibens) nicht denkbar.

Bücher helfen, die Chancen und Möglichkeiten der Kinder zu erweitern

Für die Entwicklung und die späteren Entfaltungsmöglichkeiten von Kindern schließlich ist der frühe alltägliche Umgang mit Büchern von herausragender Wichtigkeit. Schon das Vorhandensein eines gefüllten Bücherregals im Wohnzimmer der Eltern hat seine Wirkung. Mit Bilderbüchern und dem Vorlesen sollte es dann beim Kind beginnen und spätestens nach der Einschulung ist es ratsam, das selbständige Lesen zu fördern. Dieser alltägliche Umgang mit Büchern fördert die Phantasie und die Intelligenz des Kindes. Zugleich vermittelt fast jedes Buch auch Wissen. Und all das führt in der Regel zu guten Leistungen in der Schule und somit zu einer breiten und fundierten Bildung.

Bücher helfen also dabei, die gesellschaftichen und berufliche Chancen und Möglichkeiten der Kinder zu erweitern und verantwortungsbewusste Bürgerinnen und Bürger heranzubilden.

Ich schenke dir eine Geschichte

In Deutschland haben der Börsenverein des Deutschen Buchhandels und die Stiftung Lesen zu diesem Feiertag eine „Dachkampagne“ entwickelt und eine entsprechende Internetseite hierzu eingerichtet. So gibt es zum Beispiel die Buch-Gutschein-Aktion „Ich schenk dir eine Geschichte“ für alle 4. und 5. Klassen, zu der auf der Internetseite eingehend informiert wird.

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März 20

Was ist Aufklärung?

Buchvorstellung

Kant, Erhard, Hamann, Herder, Lessing, Mendelsohn, Riem, Schiller, Wieland

Was ist Aufklärung?

Thesen und Definitionen.

Hrsg. v. Ehrhard Bahr.

Stuttgart: Philipp Reclam jun., 1992 [(1) 1784 bis 1795].

Kartoniert, 85.

ISBN 3-15-009714-2

Umschlagtext

»Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit.« Die Definition Kants ist mit dieser Textsammlung in die historische Situation der Jahre 1783 bis 1795 gestellt. Aber unübertroffen bleiben bis heute Kants Einsichten in den Mechanismus der Vorurteile und in deren Rückwirkung auf ihre Urheber.

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Juli 4

Sinn und Aufgabe unseres Daseins

Buchvorstellung

Karl Jaspers

Kleine Schule des philosophischen Denkens.

Ungek. Taschenbuchausg.

München: Piper, 1997 [1965(1)].

Taschenbuch, 183.

ISBN 3-492-20054-0

[Die Quellenangabe bezieht sich auf die der Rezension zugrunde liegende Ausgabe]

Rezension und Hintergrund

„…Wir sind sterblich als lieblose, unsterblich als liebende …“[1]

(re) Philosophieren heißt, das Gegebene hinterfragen. Das philosophische Denken ist kritisch; es stellt eine einmal gefundene Wahrheit schon bald wieder in Frage. Denn der philosophisch denkende Mensch will keiner Täuschung verfallen. Und so bedeutet philosophisches Denken das Hinterfragen der Welt – vom „bestirnten Himmel über mir“ bis hin zum „moralischen Gesetz in mir“ (Kant), von der Geburt bis zum Tod, vom toten Stein hin zum lebenden Wesen, den Menschen ebenso wie Gott. Dieses Hinterfragen ist aber nicht gleichzusetzen mit der absoluten Verneinung aller Existenz. Vielmehr sucht dieses Hinterfragen nach dem, was standhält – wie der Menschlichkeit, dem kategorischen Imperativ, Freundschaft, Liebe. In seiner „Kleinen Schule des philosophischen Denkens“ will Karl Jaspers dann auch nicht Philosophie lehren, sondern allenfalls das Philosophieren. Ursprünglich als Radiovorträge geschaffen wandert Jaspers in dreizehn Kapiteln mit der Leserschaft vom Kosmos über den Menschen, die Politik und die allem erst Sinn verleihende Liebe in all ihren Facetten bis hin zum Tod und zur überlieferten Philosophie. Geistreich und verständlich geschrieben bekommen Leserinnen und Leser einen Einblick in die Jaspersche Philosophie, in seine kritischen Gedanken und eben auch in das Philosophieren.

Wer nicht in unwissender Selbstvergessenheit sterben will, sondern wer mit wachem Blick die Welt und seine eigene Existenz ergründen will, wie sie ist, kann dies nicht ohne ein im Kern philosophisches Denken. Für den Aufbruch, sich auf diese Denkweise einzulassen, kann dieses kleine Buch erste Denkanstöße geben.

Karl Jaspers war Wissenschaftler, Arzt und Psychiater, er war vielleicht der bedeutendste Philosoph des zwanzigsten Jahrhunderts, und er war ein kritischer politischer Schriftsteller. Hannah Arendt sagte von ihm, er sei „in … eigentlich jeder Hinsicht der einzige Nachfolger …, den Kant je gehabt hat“[2]. Für Jaspers war Philosophie nie eine Sache für den akademischen Elfenbeinturm, sondern immer für den einzelnen denkenden und fühlenden Menschen. Entsprechend hat er auch immer wieder die akademischen Mauern verlassen und die Öffentlichkeit gesucht. Von manchem Zeitgenossen als unbequem empfunden hat er nicht nur zu philosophischen Fragen Stellung bezogen, sondern auch zu politischen (was ja ohnehin nicht wirklich trennbar ist). Die Forderung nach Menschlichkeit sprach immer wieder aus seinen Worten. Die Frage nach der Existenz, die Kommunikation mit anderen Menschen als existenziell wesentlich, die Erörterung von Vernunft als oberstem Erkenntnisvermögen sind zentrale Themen in seiner Philosophie. Und vor diesem Hintergrund erörtert Jaspers in seiner Philosophie besonders die Liebe als existenziell wesentliche positive und eigentlich sinnstiftende Kraft. „Liebend sehe ich erst, was eigentlich ist.“[3] Im liebenden Kampf finden die Liebenden zu sich und zu einander. Kommunikation bekommt hier ihren ganz besonderen Sinn, denn nur in Kommunikation erfahren wir Wesentliches.

Ein lesenswertes Buch, das zur Zeit leider nicht verlegt wird.

Umschlagtext:

Denken als Staunen vor dem Sein

»Bei den einzelnen Vorlesungen gehe ich aus von anschaulichen Erfahrungen, von Realitäten der Natur, Lebenswirklichkeiten, Überlieferungen, um jeweils an die Grenze zu gelangen, wo die Fragen auftreten, die keine Wissenschaft beantwortet. Dort erfahren wir das Staunen vor dem Sein. Dort fragen wir nach dem Sinn und der Aufgabe unseres Daseins.«

[1] Jaspers, Karl: Kleine Schule des philosophischen Denkens. Ungek. Taschenbuchausg. München: Piper, 1997 [1965(1)], S. 165.

[2] Arendt, Hannah: Humanitas. Laudatio anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels an Karl Jaspers 1958. Frankfurt am Main: Börsenverein des deutschen Buchhandels, o. J. [1958], S. 3 (http://www.boersenverein.de/sixcms/media.php/806/1958_jaspers.pdf).

[3] Jaspers, Karl: Von der Wahrheit. Lizenzausg. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1983 [1947 (1)], S. 991.

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