Juli 20

#1 Ratingagenturen

Ratingagenturen!?

Denk-Anstoß #1 – im Ostfalen-Spiegel

Von Rainer Elsner

Wolfenbüttel, 14.07.2011. Ratingagenturen!? Was sind Ratingagenturen? Ist es aus gesamtgesellschaftlicher Sicht sinnvoll, wenn private, gewinnorientierte Unternehmen über die Kreditwürdigkeit von Staaten (!) entscheiden? Ich denke, eine freie und demokratische Gesellschaft darf dies nicht zulassen!

Staatliche Form und demokratische Legitimation

Staaten sind die Zusammenschlüsse aller jeweils darin lebenden Menschen. Zunächst können und dürfen nur diese Menschen zusammen über ihr Gemeinwesen bestimmen. In der heutigen Realität haben sich die meisten Staaten in Vereinigungen wie der Europäischen Union (EU) oder der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (EWWU) zusammengeschlossen. Solche und andere grenzüberschreitenden Zusammenhänge bedingen entsprechende Einflussmöglichkeiten. Aber auch diese dürfen nur in staatlicher Form und mit demokratischer Legitimation erfolgen!

Ratingagenturen haben im Zweifel rein wirtschaftliche Motive im Sinn

Im konkreten Fall sind diese Ratingagenturen gerade dabei, Griechenland wirtschaftlich zu „vernichten“. Während die europäischen Staaten neben wohl mehr wirtschaftszentrierten Motiven auch noch ein Interesse daran haben, ihrem Partnerland Griechenland zu helfen, haben Ratingagenturen im Zweifel rein wirtschaftliche Motive im Sinn – die sich nicht zwingend mit denen der gesamten Gesellschaft decken. Von dieser Kritik unberührt bleibt die offensichtliche Notwendigkeit, dass Griechenland wohl sein gesamtes Wirtschafts- und Finanzsystem prüfen und ordnen muss. Wenn dem Staat mehrere Milliarden Euro Steuern fehlen, haben wohl sowohl die staatlichen Institutionen wie auch die säumigen Steuerzahler den Sinn von Steuern nicht begriffen.

vielleicht steckt hinter dem ganzen Vorgang ja auch ein System

Aber vielleicht steckt hinter dem ganzen Vorgang ja auch ein Stück weit ein System. Denn, wer sich an eine Rede des damaligen FDP-Vorsitzenden Westerwelle vor eineinhalb Jahren erinnert, weiß, dass Steuern gerade von so manch Wohlhabenden (nicht allen!) als lästig angesehen werden. Diese Menschen scheinen alles als ihr – mindestens potentielles – Eigentum anzusehen. Entsprechend bestimmt ihr Vermögen über den Lauf der Dinge und nicht ein demokratisch verfasster und von Steuern finanzierter (!) Staat. Ein Staat, den sich diese Menschen dann ja auch mit Hilfe der zunehmenden Privatisierung von Gemeineigentum schleichend aneignen. – Und hierzu passen dann auch die Besitzverhältnisse und die Arbeitsweise der Ratingagenturen, wie sie ein sehr lesenwerter Artikel in den NachDenkSeiten beschreibt.


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Veröffentlicht20. Juli 2011 von Schriftleiter in Kategorie "Anstoß", "Menschen- u. Bürgerrechte", "Politik und Gesellschaft", "Wirtschaft