März 15

Ostfalen-Spiegel: Den Atomausstieg selber machen

Ostfalen-Spiegel wechselt zu Stromversorgung absolut ohne Atomkraft

Den Atomausstieg selber machen!

Wolfenbüttel, 15.03.2011. (re) Bereits seit Jahren bezieht die Redaktion laut ihrem Energieversorger ihren Strom zu einhundert Prozent aus erneuerbaren Energiequellen frei von Atom- und Kohlestrom. Bei vielen Anbietern ist dies allerdings nur ein Tarif neben Tarifen mit Atom- und Kohlestrom (meist von den vier großen deutschen Energieversorgern und Atomkraftwerksbetreibern). Entsprechend werden diese Energieversorger mindestens indirekt weiter unterstützt. Hinzu kommt, dass nur ein stetiger Zubau von ökologisch verträglichen Kraftwerken zu einem tatsächlichen Atomausstieg führt.

Atomkonzern E.ON hält einen Anteil von 26 Prozent an den Stadtwerken Wolfenbüttel

Bereits vor dem Erdbeben und dem damit verbundenen atomaren Notstand in Japan hat die Redaktion den Wechsel zu Greenpeace Energy eingeleitet. Ausschlaggebend für die Entscheidung für diesen Anbieter sind der konsequente Vertrieb von ökologisch verträglichem Strom ohne Atom und Kohle, der Bau eigener, sauberer Kraftwerke und das Genossenschaftsmodell. Hinzu kommen die Besitzverhältnisse des bisherigen Stromversorgers, der Stadtwerke Wolfenbüttel. Der große Atomkonzern E.ON AG hält über den Regionalversorger E.ON Avacon AG einen Anteil von 26 Prozent an den Stadtwerken Wolfenbüttel (die übrigen 74 Prozent gehören der Stadt Wolfenbüttel). Somit wurde der Energieversorger E.ON auch direkt unterstützt. Dies gab den letzten Anstoß zum Wechsel.

Atomausstieg selber machen

Die Redaktion des Ostfalen-Spiegels empfiehlt allen Leserinnen und Lesern, dringend über den eigenen Atomausstieg nachzudenken. Dabei ist Greenpeace Energy nicht der einzige empfehlenswerte Energieversorger! Sowohl für den eigenen Haushalt als auch für Gewerbebetriebe ist ein selbstgemachte Atomausstieg jederzeit möglich. Die Initiative “Atomausstieg selber machen”, ein Bündnis von Umweltverbänden, Verbraucherschutz-Organisationen und Anti-Atom-Initiativen, fordert seit 2006 dazu auf : “Wir rufen alle Menschen und Unternehmen in Deutschland dazu auf, kein Geld mehr an die Atomkonzerne und ihre Tochterunternehmen zu zahlen.” Auf der Internetseite von “Atomausstieg selber machen” finden sich zahlreiche Informationen zum persönlichen Atomausstieg und Empfehlungen für wirklich unabhängige Stromanbieter.

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September 22

Der Löwe unterm Hakenkreuz

Buchvorstellung

Reinhard Bein, Ernst-August Roloff (Hrsg.)

Der Löwe unterm Hakenkreuz: Reiseführer durch Braunschweig und Umgebung 1930-1945.

Mit weiteren Beiträgen von Susanne Weihmann und Elke Zacharias.

Göttingen: MatrixMedia GmbH Verlag, 2010.

Kartoniert, 330.

ISBN: 978-3-932313-36-3

[Die Quellenangabe bezieht sich auf die der Rezension zugrunde liegende Ausgabe]

(re) In Braunschweig und im Braunschweiger Umland finden sich zahlreiche Spuren aus dem dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte. Und das ist nicht ohne Grund der Fall. Braunschweig war von Anbeginn ein wichtiger Stützpunkt für die Nationalsozialisten. In Braunschweig wurde der Österreicher Adolf Hitler deutscher Staatsbürger, hier schuf sich der „Reichsjägermeister“ Hermann Göring Kultstätten für seine Jagdleidenschaft, hier kam es schon 1931 zu großen Aufmärschen der SA (Bild) und hier wuchs eine für die Rüstung wichtige Industrie. Das nun (2010) vorgelegte Buch zeigt interessierten Besuchern und auch Einheimischen die vielen Orte, die bis heute noch Spuren aus dieser Zeit bergen. Sei es die Weihestätte im Hainberg bei Bockenem oder die Mustersiedlung Lehndorf. Ein Buch, dass auch gegen das Vergessen hilft. – Denn nur, wer die Wege der Vergangenheit kennt, kann erahnen, wo künftige Wege hin führen (können).

Umschlagtext:

Im September 1930 traten die Nationalsozialisten im Freistaat Braunschweig in eine Regierungskoalition ein. Diesen Vorsprung nutzte die NSDAP im Braunschweiger Land, um die Nazifizierung tiefgreifender und gründlicher voranzutreiben, als in anderen Ländern des Reiches. Durch den fatalen Ehrgeiz des Ministers Klagges und seiner Gefolgsleute, Braunschweig zu einem Nazi-Musterland machen zu wollen, erlebte das Land eine Herrschaft des politischen Banditentums. In Braunschweig ist die Gegenwart – fast unsichtbar und doch immer spürbar – mit den Abgründen der nationalsozialistischen Vergangenheit verbunden.

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Juni 23

Spuren des Unrechtsstaats im Freistaat Braunschweig

Buchvorstellung

Gerhard Wysocki

Die Geheime Staatspolizei im Land Braunschweig

Polizeirecht und Polizeipraxis im Nationalsozialismus

Frankfurt//Main; New York: Campus Verlag, 1997.

Kartoniert, 367.

ISBN: 3-593-35835-2

[Die Quellenangabe bezieht sich auf die der Rezension zugrunde liegende Ausgabe]

Rezension und Hintergrund

(re) Der Rechtsstaat war im Dritten Reich faktisch aufgehoben. Die Gerichte urteilten ohnehin meist  opportun zu den Machthabern. Noch schwerwiegender war allerdings, dass die Polizei und vor allem die Geheime Staatspolizei (Gestapo) völlig unabhängig von Gerichtsurteilen Menschen inhaftieren, foltern und auch töten konnte, durfte und sollte. Dies geschah zu Hauf im gesamten Deutschen Reich. Von diesem menschenverachtenden Abschnitt deutscher Geschichte berichtet diese Buch bezogen auf das Land Braunschweig. Braunschweig mit seinem überzeugten Nationalsozialistischen Ministerpräsidenten Dietrich Klagges war von Beginn an ein „braunes“ Musterland.

Umschlagtext:

„Die Polizei besaß im Nationalsozialismus nahezu unkontrollierte Befugnisse. Verhaftungen aus politischen Gründen, unbegrenzte Inhaftierung, Sonderbestrafungen und Hinrichtungen – alles schien ihr erlaubt. Das Buch zeigt die Herrschaftspraxis der Geheimen Staatspolizei in Justiz, Verwaltung und Gesellschaft am Beispiel des Landes Braunschweig. Neben rechts- und organisationsgeschichtlichen Grundlagen werden erschütternde Ereignisse geschildert, die die Herrschaftsmechanismen der Gestapo beleuchten.“

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März 2

Ein neues Einkaufszentrum in Wolfenbüttel

Ein neues Einkaufszentrum in Wolfenbüttel

Wolfenbüttel. (re) Seit dem Sommer 2009 hat Wolfenbüttel kein Kaufhaus mehr. Das bis dahin vorhandene Kaufhaus (zuletzt Herti, davor Karstadt) wurde von der Herti GmbH aufgegeben. Einen Nachfolger gab es offenbar nicht. Nun steht das erst in den 1970er Jahren errichtete Gebäude leer. Die Wolfenbütteler Bürgerinnen und Bürger haben dadurch einen wichtigen Einzelhändler mit umfassendem Sortiment verloren und die Innenstadt zugleich einen wichtige Anziehungspunkt für Käufer. Darunter leidet der gesamte Einzelhandel in der Innenstadt. Es ist also für alle Beteiligten wichtig, wieder einen entsprechenden Anziehungspunkt in die Innenstadt zu bekommen. Ein Braunschweiger Investor plant nun, das Gebäude abzureißen und ein neues Einkaufszentrum zu errichten. Ähnlich zum Beispiel der Schloss-Arkaden in Braunschweig soll das Einkaufszentrum eine Vielzahl von Geschäften aus unterschiedlichen Branchen beherbergen. Als Name für den neuen Einkaufspalast wird „Lessing-Galerie“ genannt. Das Stadtmarketing Wolfenbüttel betreibt im Internet mittlerweile unter dem Namen Citybaustelle eine Informationsseite zu diesem Projekt. Doch, so wichtig ein Ersatz für das geschlossene Herti-Kaufhaus ist, es gibt an der aktuellen Planung nicht nur positive Kritik.

In den Medien Beachtung fand kurze Zeit die Kritik an dem geplanten Namen des Einkaufszentrums, „Lessing-Galerie“. Vor allem vom ehemaligen Direktor der Herzog-August-Bibliothek (HAB) und Wolfenbütteler Ehrenbürger Prof. Dr. Dr. Paul Raabe kamen Bedenken, ein Einkaufszentrum nach dem bekannten Dichter der Aufklärung Gotthold Ephraim Lessing zu benennen. Einen wichtigen Aufklärer als Namenspatron für einen Shoppingcenter heranzuholen erscheint aufgeklärten Menschen dann auch wenig passend. Von Seiten des CDU-Landtagsabgeordneten Frank Oesterhelweg wird angeführt, dass es ja auch eine Lessing-Apotheke gibt. Das wird mit dem Hinweis beantwortet, dass zwischen einer Apotheke und einem auf Konsum ausgerichteten „Shopping-Center“ vielleicht doch ein Unterschied besteht. Bleibt die Frage, welcher Verwendung Herr Lessing selbst wohl seine Zustimmung gegeben hätte?

Als weitere Kritik werden die Befürchtungen geäußert, das neue Gebäude würde noch weniger in die denkmalgeschützte Altstadt von Wolfenbüttel passen. Und die umfangreichen Bauarbeiten könnten auf Grund des instabilen Untergrundes den Bestand der benachbarten historischen Gebäude gefährden. Die gesamte Innenstadt steht ja quasi in der Okerniederung mit einem entsprechend hohen Grundwasserspiegel.

Vor allem der Einzelhandel in der Innenstadt befürchtet, dass der lange Leerstand und die umfangreichen Baumaßnahmen der Innenstadt dauerhaft Kaufkraft entziehen. Viele Käufer aus dem Umland wechseln wohlmöglich nach Braunschweig und haben später wenig Anlass, wieder nach Wolfenbüttel zurückzukehren. Bereits jetzt sind solche Auswirkungen im innerstädtischen Einzelhandel zu spüren.

Wenig Beachtung fand bisher die ökologische Kritik an dem geplanten Vorhaben. So wird angemerkt, dass ein Neubau unter anderem eine mehrfache Entwertung von Energie zur Folge hat. Denn bei einem Neubau wird zunächst unter hohem Energieeinsatz das alte Gebäude (mit viel Stahlbeton) abgerissen. Damit wird zugleich die gesamte Energie entwertet, die in den 1970ern für den Bau aufgewandt wurde. Und dann wird, wieder mit viel Energieaufwand, ein neues Gebäude errichtet. Dem gegenüber würde eine Verwendung des bestehenden Gebäudes deutlich weniger Energie benötigen (eben nur für den Um- und Ausbau) und zugleich den Aufwand des vormaligen Baus weitgehend erhalten. Wie groß der Unterschied tatsächlich ist, wurde bisher allerdings noch nicht ermittelt. Vor dem Hintergrund der globalen Erwärmung erscheint diese Kritik aber unbedingt beachtenswert.

Nachtrag vom 23. Juni 2010:

Wie die Braunschweiger Zeitung berichtet, hat sich der ursprüngliche Investor aus dem Projekt zurückgezogen. Nun wird ein Nutzungskonzept des ehemaligen Herti-Kaufhauses diskutiert, bei welchem das Gebäude nicht abgerissen wird. Stattdessen soll ein Umbau stattfinden.

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Januar 16

Vordemokratisch

Vordemokratisch

Kommentar zur Artikelserie „Vor 90 Jahren – Erste Demokratie“ im Februar 2009 in der Braunschweiger Zeitung

Von Rainer Elsner

In dem mehrteiligen Bericht „Vor 90 Jahren – Erste Demokratie“ wird die Situation in Braunschweig zu Beginn der Weimarer Republik sehr einseitig beschrieben. Politisch links angesiedelte Kräfte werden als Feinde der Demokratie dargestellt, Fürsten und politisch extrem rechts stehende Kräfte aber als Retter der Demokratie gefeiert. Eine solch verzerrte Darstellung der Wirklichkeit sollte eine demokratische Presse eigentlich vermeiden.

Auseinandersetzung mit Geschichte hilft, Fehler zu vermeiden

Die Auseinandersetzung mit der Geschichte ist für die Bewältigung der Gegenwart und für die Gestaltung der Zukunft überaus wichtig. Die Überlieferung von Erfahrungen und Erlebnissen über die Generationen hinweg ist notwendig, um Entwicklungen und Ereignisse zu verstehen. Das Studium der Taten vorangegangener Generationen und ihrer Folgen kann helfen, richtige Entscheidungen zu fällen und Fehler zu vermeiden. In unserer Demokratie fällt unter anderem der Presse die Aufgabe zu, politisch wichtige Informationen allen Menschen zugänglich zu machen. Aus diesem Grund sind Presseberichte über die Fakten historisch bedeutender Momente sehr wichtig.

Die Artikelserie „Vor 90 Jahren – Erste Demokratie“ zu den politischen Auseinandersetzungen in Braunschweig zu Beginn der Weimarer Republik hat versucht, dieser Aufgabe nachzukommen. Die mitunter sehr konservativen Blickwinkel und Situationsbeschreibungen trüben das Ganze dann aber leider. Während die gerade überwundene Monarchie (die einen bestialischen Krieg zu verantworten hatte) in sehr freundlichen Worten angesprochen wird, werden die sozialistischen Kriegsgegner mit polemischen Spitzen diskreditiert und wichtige Informationen werden verschwiegen. Mehrfach wird zwar die Gefahr für die junge Demokratie betont und dann weiter von der Rettung dieser Demokratie geschrieben. Bei den beschriebenen Gefahren für diese junge Demokratie findet dann aber ein bedeutender Teil einfach keine Erwähnung. Und mehr noch, es werden dann Personen und Gruppen positiv erwähnt oder als Retter der Demokratie dargestellt, die tatsächlich wenig oder kein Interesse an der jungen Demokratie hatten. Und über diesen wichtigen Hintergrund wird an keiner Stelle aufgeklärt. Warum?

Vordemokratischer Begriff „Landesvater“

So wurde beispielsweise vom Braunschweiger Regenten Herzog Ernst August berichtet, er habe den Fehler gemacht, frühzeitig abzudanken. In diesem Zusammenhang wird der Herzog verklärend mit dem vordemokratischen Begriff „Landesvater“ bezeichnet. Gerade an dieser historisch bedeutenden Nahtstelle zwischen Monarchie und Demokratie in Deutschland ist es aber wichtig, alle Parteien und ihre jeweiligen Interessen und Standpunkte im Bezug auf die junge Demokratie klar zu benennen. Und da muss dann darauf hingewiesen werden, dass der Adel (also auch der Herzog) keine demokratische Legitimation für seinen Herrschaftsanspruch hatte und auch kein Interesse an einer Demokratie. Die eigentlichen Feinde der Demokratie finden sich also hier. Diese historisch wichtigen Fakten fehlen aber.

Als einziger Feind der Demokratie wird die von den Sozialisten ausgerufene Räterepublik beschrieben – obwohl sie dies für sich gesehen zunächst nicht zwingend ist (auch wenn dies im Wissen um die damaligen und späteren Entwicklungen in der Sowjetunion heute sicher anders bewertet werden muss).

Totengräber der Weimarer Republik als Retter gefeiert

Und es kommt noch schlimmer! Die späteren Totengräber der Weimarer Republik und ihrer Demokratie, die Freikorps, werden als Retter der Demokratie gefeiert. Diese sind dem Befehl der Reichsregierung aber tatsächlich meist aus ganz anderen Beweggründen gefolgt. Das wird bereits wenige Tage später offenbar, als eben diese Soldaten die für Freiheit und Demokratie bedeutende Persönlichkeit und erklärte Kriegsgegnerin Rosa Luxemburg ermorden.

Die Demokratie und Menschenleben verachtenden Soldaten und Offiziere dieses Freikorps, der „Garde-Kavallerie-Schützen-Division“, waren 1920 dann auch am Kapp-Lüttwitz-Putsch (kurz Kapp-Putsch) beteiligt, einem ersten Versuch reaktionärer Kräfte, die junge Demokratie zu stürzen. Auch der im Artikel genannte General Maercker spielte bei diesem Putsch eine undurchsichtige Rolle und wurde deshalb aus dem Militärdienst entlassen.

Mord an Walther Rathenau

Und der Mord am amtierenden Reichsaußenminister Walther Rathenau (DDP) am 24. Juni 1922 geht gleichfalls auf das Konto dieser Freikorpssoldaten – in diesem Fall der ehemaligen Marine-Brigade Ehrhardt, die 1919 mit Maercker in Braunschweig einmarschierte. Nicht wenige spätere SS-Führer und hitlertreue Wehrmachts-Offiziere waren Angehörige dieser Freikorps.

Für das Verständnis der Zusammenhänge gerade auch im Hinblick auf die weitere Entwicklung der ersten deutschen Demokratie und ihren Niedergang sind all diese Hinweise unerlässlich. Vor dem aktuellen Hintergrund des Erstarkens rechtsextremer menschen- und demokratiefeindlicher Gruppen erscheinen sie sogar zwingend notwendig!

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Quellen:

Bildungswerk Brandenburg:

http://www.bildungswerk-jks.de/Meine_Bilder_und_Dateien/2005.05A%20-%20Heydrich.pdf. 04.03.2009.

Bracher, Karl Dietrich, Manfred Funke, Hans-Adolf Jacobsen (Hrsg.):

Die Weimarer Republik 1918 – 1933: Politik – Wirtschaft – Gesellschaft. Schriftenreihe Band 251. Studien zur Zeitgeschichte. 2., durchges. Aufl. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung, 1988.

Böckenförde, Ernst-Wolfgang:

Der Zusammenbruch der Monarchie und die Entstehung der Weimarer Republik. In: Bracher, Karl Dietrich u. a.: Die Weimarer Republik. 2. Aufl. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung, 1988.

Rosenberg, Arthur:

Entstehung der Weimarer Republik. Hrsg. u. eingel. v. Kurt Kersten. 16. unveränd. Aufl. Frankfurt a. M: Europäische Verlagsanstalt, 1974.

Wette, Wolfram:

Militarismus in Deutschland: Geschichte einer kriegerischen Kultur. Lizenzausg. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2008.

Wikipedia:

http://de.wikipedia.org/wiki/Garde-Kavallerie-Sch%C3%BCtzen-Division 03.03.2009.

—: http://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Ludwig_Rudolf_Maercker 03.03.2009.

—: http://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Liebknecht 03.03.2009.

—: http://de.wikipedia.org/wiki/Marine-Brigade_Ehrhardt 03.03.09.

—: http://de.wikipedia.org/wiki/Rosa_Luxemburg 03.03.2009.

Zeitverlag (Hrsg.):

Die Zeit: Welt- und Kulturgeschichte: Epochen, Fakten, Hintergründe in 20 Bänden. Band 13: Erster Weltkrieg und Zwischenkriegszeit. Hamburg: Zeitverlag, 2006.

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Januar 13

Hubertusfeiern im Hainberg

Hubertusfeiern im Hainberg

Ausflugsziele in Ostfalen – Natur, Geschichte, Gegenwart

Mehr als einen Ausflug wert ist der Hainberg zwischen Bockenem und Sehlde. Markante Punkte sind die Bodensteiner Klippen auf dem südlichen Hauptkamm, die Hubertuskapelle mit dem Jägerhaus in der Mitte der bewaldeten Erhebung, der Jägerturm im Nordosten und die Burg Wohldenberg am nordwestlichen Ausläufer des Höhenzuges. Unserer modernen Zeit geschuldet ist zudem noch die Autobahn (BAB 7) zu nennen, die den Hainberg im Nordwesten durchschneidet.

Anfahrt: mit dem Pkw oder mit dem Bus, Fahrplanauskünfte:

Ausgangspunkte: Hainberg, Niedersachsen, Parkplatz an der L500 westlich von Bodenstein Richtung Bockenem, Parkplatz am Nordrand der L498 mitten auf dem Hainberg, am Jägerhaus in der Nähe der L498 mitten auf dem Hainberg oder die Burg Wohldenberg am Nordrand – um die wohl geeignetsten Ausgangspunkte zu nennen

Länge: je nach gewähltem Weg, in diesem Beitrag wird keine bestimmte Tour beschrieben

Höhen: zwischen etwa 150 und 299 Meter über NN

Kennzeichnung der Wege: Ähnlich wie im nahen Harz üblich sind die Wege meist gut beschildert und ausgezeichnet. Dies erfolgt auch hier durch einen Zweigverein des Harzklubs.

Rast: Bänke, Felsen, Gaststätte Jägerhaus

Grundsätzliche Ratschläge: finden sich bei Gedanken, Hinweise und Tipps zum Wandern

Sehlde. (re Winter 2009/2010, aktualisiert Januar 2012) Der Höhenzug erstreckt sich mit seinem nördlich Ausläufer auf einer Länge von etwa neun Kilometern von Nord nach Süd und in einer Breite zwischen vier (im Süden) und sechs (mit seinem nordwestlichen Zipfel) Kilometern in Ost-West-Richtung. Das Gebiet ist vollständig bewaldet und hat vier Haupttäler, von denen sich jeweils zwei nördlich und südlich öffnen. In der Mitte durchquert eine Passstraße den Höhenzug von Bockenem im Westen nach Sehlde im Osten. Die Straße hat dabei auf beiden Seiten einen steilen Anstieg, so dass Radfahrer durchaus in ihrer Kondition gefordert sind.

Als Ausgangspunkte für Wanderungen bieten sich mehrere Standorte an. Im Süden findet sich westlich der Ortschaft Bodenstein ein kleiner Parkplatz am südlichen Rand der L500 von Bodenstein nach Bockenem. Vorbei am Schmiedeteich sind von hier aus die Bodensteiner Klippen auf dem kürzesten Weg zu erreichen. Zugleich kann auch zum Jägerhaus gewandert werden. Und für eine Durchquerung ist dies ebenfalls ein guter Ausgangspunkt. Dann gibt es an der L498, die den Hainberg überquert, einen großen Parkplatz etwa auf dem Scheitelpunkt der Passstraße. Von hier kann in alle Richtungen gut gewandert werden. Die Ausflugsgaststätte Jägerhaus mit der Hubertuskapelle ist nur wenige Gehminuten entfernt. Dort, am Jägerhaus, befindet sich ein weiterer großer Parkplatz, der als Ausgangspunkt für eine Wanderung zum Jägerturm dienen kann. Und schließlich kann auch bei der Burg Wohldenberg geparkt und von hier aus gewandert werden. Der Hainberg ist dank des Harzklubs auch gut beschildert.

Wer sich auf den Weg macht durch den Hainberg, wird am Wegesrand den einen oder anderen markanten Punkt finden. Zu den bekanntesten Punkten folgen nun einige wissenswerte Informationen.

Bodensteiner Klippen

Die Bodensteiner Klippen befinden sich nördlich der Ortschaft Bodenstein auf dem südlichen Hauptkamm des Hainberges. Ein bisschen wie auf einer Kette aufgereiht ragen die Felsen immer wieder aus dem Waldboden mitunter zehn und mehr Meter empor. Die Klippen sind aus Hilssandstein und reichen auf einer Länge von etwa vier Kilometern bis zum Jägerhaus mit der Hubertuskapelle in der Mitte des Hainbergs.

Hubertuskapelle

Um 1730 herum wurde hier die Hubertuslegende zweimal im Fels verewigt, einmal an der Südwand des Felsen und dann im Innern des Felsen. Die eigentliche Hubertuskapelle befindet sich in einer kleinen Höhle im Felsen unterhalb der Südseite des Jägerhauses. Diese Felsgrotte wurde wahrscheinlich schon lange als heilige Stätte genutzt. Die Kapelle ließ seinerzeit der Droste des Amtes Wohldenberg, der Hildesheimer Domherr Johann Friedrich Anton Freiherr von Bocholtz, einrichten.

Jägerhaus

Vermutlich etwa 1830 entstand das Jägerhaus, welches der Grafen Ernst Friedrich Herbert von Münster erbauen ließ. Zunächst diente es wohl als Jagdhaus des Grafen. Im Lauf der Jahre erfuhr das Gebäude mehrere An- und Umbauten. Später wurde das Haus dann zu einer Waldgaststätte. Auch heute ist das Jägerhaus seit vielen Jahren wieder eine beliebte Waldgaststätte. Bei Wanderungen oder Montainbike-Touren über den Hainberg ist es ein willkommener Ort für eine längere Pause. Mit dem großen Parkplatz kann es aber auch als Ausgangs- und Endpunkt für diverse Touren dienen. Eine Stärkung am Ende einer Tour kann auch ein guter Abschluss sein. Seit Juni 2013 hat die Waldgaststätte Jägerhaus leider ihre Pforten geschlossen. Bis auf weiteres steht sie also nicht mehr für eine Stärkung vor, während oder nach einer Tour zur Verfügung.

Der heilige Hubertus unterm Hakenkreuz

Der letzte große Umbau des Jägerhauses fand 1936 statt. Für die seit 1933 alljährlich stattfindenden Hubertusfeiern der „Deutschen Jägerschaft“ ließ Friedrich Alpers das Jägerhaus umbauen. Es wurde nun zur „Weihestätte“ der Deutschen Jägerschaft. Alpers war damals „Gaujägermeister“ des „Jagdgaues Braunschweig“ und SS-Standartenführer. Der Umbau stand im Zusammenhang mit weiteren Baumaßnahmen bei Braunschweig für den „obersten deutschen Jäger“, den „Reichsjägermeisters“ Hermann Göring.

Diese historische Begebenheit wird an verschiedenen Stellen im Internet recht unbeschwert und ohne jede kritische Anmerkung berichtet. Das Jägerhaus selbst hatte zuletzt seinen Internetauftritt mittlerweile komplett überarbeitet und auch die Domain gewechselt. Die seinerzeit (2010) noch zu findenden recht unkritischen Worte sind dabei gleich mit verschwunden. In einem auf der Internetseite wiedergegebener Pressebericht distanziert sich das Jägerhaus nun eindeutig von der braunen Vergangenheit und der leider auch heute noch anzutreffenden Geisteshaltung. An anderer Stelle im Internet wird aber weiter schlicht vom „Reichsjägermeister Hermann Göring“ gesprochen oder einfach von „prominenten Mitmenschen“. Noch heute (2012) sind denn auch die Spuren dieser unseligen Vergangenheit zu finden.
Anmerkung Mai 2016: 2013 wurde der Gastronomiebetrieb im Jägerhaus aus Altersgründen aufgegeben. Inzwischen hat das Jägerhaus einen neuen Besitzer gefunden mit widerum neuer Domain (siehe oben). Wie und wann dort wieder ein Gastronomiebetrieb stattfindet, ist noch offen.

Die beteiligten Personen sollen hier nicht einfach in die braune Ecke gestellt werden. Und genauso wenig ist dies ein weiterer Versuch, die gesamte Jägerschaft in diese Ecke zu stellen. Doch dieser sorglose Umgang mit diesem finstersten Kapitel deutscher Geschichte gibt Anlass, es anzusprechen.

Wie alle Vereine und Verbände in Deutschland war auch die Deutsche Jägerschaft von den Nazis gleichgeschaltet worden. Und das Göring ein leidenschaftlicher Jäger war, kann anderen Jägern nicht zum Vorwurf gemacht werden. Insofern sollte also nicht ohne nähere Betrachtung der Stab gebrochen werden. Jedoch müssen alle Unternehmungen in dieser Zeit auch immer im Zusammenhang mit dem mörderischen Regime Hitlers betrachtet werden. So fanden diese Hubertusfeiern mit anwesenden Naziführern sicher mit dem monströsen Schmuck und der menschenverachtenden Rhetorik der Nazis statt. Da dann einfach vom „Reichsjägermeisters Hermann Göring“ zu sprechen, als sei er irgendeine „prominente Persönlichkeit“, grenzt fast schon an  Geschichtsverfälschung.

Der „Reichsjägermeisters“ Hermann Göring war lange Zeit der Stellvertreter Hitlers. Er veranlasste den Bau der ersten Konzentrationslager und die Gründung der Gestapo. Im Juli 1941 erließ er den Befehl zur „Endlösung der Judenfrage“ und war somit einer der Hauptverantwortlichen für die Vernichtung der Juden in Deutschland und Europa. Das darf bei der Nennung seines Namens oder seiner Taten nicht unerwähnt bleiben.

Burg Wohldenberg

Die Burg Wohldenberg findet ihre erste Erwähnung im Jahr 1174 als neuer Sitz der Grafen von Wöltingerode. Die Burgherren standen in der Auseinandersetzung zwischen Heinrich dem Löwen und dem deutschen Kaiser auf kaiserlicher Seite. Dies hatte eine Zerstörung der Burg durch den Braunschweiger Herzog zur Folge. Die Burg wurde wieder aufgebaut und blieb bis 1275 im Besitz der Grafen. 1275 erwarb dann der Bischof von Hildesheim die Burg. Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Burg von kaiserlichen Truppen zu großen Teilen zerstört.

Eine Weile dienten die Reste der Burg aber noch als Amtssitz. Aus wirtschaftlichen Gründen wurden 1800 die meisten Gebäude abgerissen. Nur das Pforthaus mit Eckturm und der Stumpf des Bergfrieds sind erhalten geblieben. Der Eckturm wurde zum Glockenturm der 1731 erbauten katholischen Pfarrkirche St. Hubertus, der Stumpf des Bergfrieds wurde 1856 zu einem Aussichtpunkt ausgebaut.

Unterhalb der Burg entstand 1852 ein neues Amtshaus, welches heute als Haus Wohldenberg eine Jugendbildungsstäte der katholischen Kirche beherbergt. Der Bergfried befand sich zuletzt im Besitz des Landes Niedersachsen und wurde 1993 an einen Mobilfunknetzbetreiber verkauft, der dort eine Antennenanlage installiert hat. Die katholische Kirchengemeinde ist Pächter des unverändert zugänglichen Turms.

Als Ausgangspunkt für eine Wanderung ist die Burg Wohldenberg über eine Stichstraße zu erreichen, die von der K308 oberhalb der Ortschaft Silium abzweigt. Wie über die Bodensteiner Klippen kann auch von der Burg Wohldenberg aus zum Jägerhaus gewandert werden, so dass eine Einkehr auf halber Strecke möglich ist. Dabei führt der Weg anfangs über teilweise schmale aber gut zu begehende Pfade. Auf dem Weg zur autobahn wechselt der Weg dann auf eine Forststraße, die die BAB7 über eine 2012 erneuerte Brücke überquert.

Auch von anderen Orten am Hainberg können Wanderungen begonnen werden. Da diese Orte für diesen Artikel aber noch nicht wandernd erkundet wurden, bleibt es zunächst bei einigen allgemeinen Informationen.

Jägerturm

Der Jägerturm diente ebenfalls der Jagd und wurde wohl im Jahr 1736 errichtet. Leider ist der Turm selbst heute nicht zugänglich. Aber als Anlaufpunkt während einer Wanderung durch den Hainberg lohnt er dennoch.

BAB 7

Die Bundesautobahn 7 wurde in mehreren Abschnitten seit 1937 als Nord-Süd-Verbindung gebaut. Der Abschnitt durch den Hainberg wurde erst nach dem Krieg in den 1950er Jahren erbaut und freigegeben. Die für unsere derzeitige Mobilität sicher notwendige Autobahn stellt einen starken Einschnitt in die Landschaft dar. Besonders für die Tierwelt wurde zahlreiche Wechsel unterbrochen.

Da der Hainberg sicher noch weitere Wanderungen wert ist, wird dieser Artikel wohl auch noch die eine oder andere Ergänzung und Bearbeitung erfahren.

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Quellen

Brüning, Kurt; Schmidt, Heinrich (Hrsg.):

Handbuch der historischen Stätten Deutschlands: Zweiter Band: Niedersachsen und Bremen. 3., verb. u. erw. Aufl. Stutgart: Alfred Körner Verlag, 1969.

http://www.jaegerhaus-strohmeyer.de (Herbst/Winter 2009/2010; mittlerweile offline)

http://www.jaegerhaus-hainberg.de/ Neue Internetseite des Jägerhauses im Hainberg (bis 2013; mittlerweile offline)

http://www.jaegerhaus-sehlde.de nun aktuelle Internetseite des Jägerhauses im Hainberg – derzeit nur mit kurzer Information über den aktuellen Sachstand

Diverse Webseiten, die gefunden werden, wenn nach dem Hainberg, der Hubertuskapelle oder dem Jägerhaus gesucht wird.

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